Wie alles begann…
Mein Mann und ich sind Eltern zweier Söhne. Als ich 2004 zum ersten Mal Mama wurde, war ich glücklich, stolz, aber auch ängstlich. Ich wollte nichts falsch machen, hatte die dollsten Pläne und den festen Vorsatz, diese umzusetzen! Ganz schnell wurde mir jedoch klar, dass “da was nicht stimmt“…was, das konnte ich weder wissen, noch erklären. Es folgten Ärzte, Untersuchungen, Tests, alles blieb ergebnislos. Die ersten drei Jahre haben uns die meisten Mediziner für zu anspruchsvoll und teilweise überfordert gehalten. Doch dann fing die berühmte Schere der Entwicklungsfortschritte gleichaltriger Kinder sichtbar auseinander zu gehen. Die Defizite, die unser Sohn aufwies, waren nicht mehr wegzudiskutieren. Also wurden wir für erziehungsunfähig gehalten, nicht offen, nein, aber zwischen den Zeilen war immer deutlich rauszuhören, dass wir uns wohl viel zu früh fürs Kinderkriegen entschieden hätten und unser Kind es nun ausbaden müsse.
Die Reise nach Italien,
Alle, die jemals eine über die übliche Vorsorgeuntersuchung hinaus gehende ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mussten, werden wissen, dass das alles sehr zeitaufwendig ist, bei den Sozialpädiatrischen Zentren, Universitätskliniken, Kinderothopäden, Kinder- und Jugendpsychiatrien, überall gibt es drei bis neuen Monate lange Wartezeiten. Man rennt von A nach B und wird nicht schlauer! Das Kind, was bereits fünf Jahre alt ist, ist aber offensichtlich entwicklungsverzögert, und zwar in allen Bereichen. Die betreuenden Ärzte sind sich mittlerweile fast sicher, dass nicht die unfähigen Eltern das Problem sind, denn man hat sich kennengelernt…was ist aber die Ursache, die Ärzte sind ratlos und schlagen eine Genanalyse vor, auf gut Glück sozusagen, denn so, wie man sich das mit Gentests vorstellt, klappt es nicht, man kann nicht auf alles testen, dafür gibt es viel zu viele mögliche, bekannte und noch unerforschte Abweichungen und Methoden. Der Humangenetiker an der Uniklinik Münster schlägt uns vor, uns in eine Forschungsgruppe zu stecken und zu hoffen, dass irgendwann ein Muster erkannt werden kann und wir schlauer sind. Wir stimmen zu, allen vier wird eine Blutprobe abgenommen, Fotos werden gemacht (es gibt oft optische Merkmale bei genetischen Veränderungen). Ja, zu dem Zeitpunkt waren wir bereits zu viert, denn trotz aller Sorgen und Zweifel blieb der Wunsch nach weiteren Kinder groß und unser zweiter Sohn war da bereits 10 Monate alt.
die uns nach Holland führt.
Ohne große Hoffnungen und Warteschleife erhielten wir acht Wochen später ein eindeutiges Ergebnis! Aufgrund einer genetischen Disposition habe ich an meine Kinder das Fragile-X-Syndrom weitervererbt, bzw. meine Genveränderung ist während der Befruchtung zum Fragilen-X-Syndrom mutiert. Die Diagnose hat unsere Kinder nicht verändert, aber doch so einiges ein für allemal zunichte gemacht. Zukunftspläne mussten neu geschrieben werden.
So ist unser Alltag
Ich kann nicht sagen, dass mich das Thema nach fast zehn Jahren nicht mehr bekümmert, auch wenn es vielleicht zu erwarten wäre, nein, bei mir ist es täglich ein Thema. Denn der Gendefekt bringt so einiges mit sich. Geistige Behinderung kann man als Überbegriff nehmen, aber diese wird sehr oft von Verhaltensauffälligkeiten verschiedenster Art begleitet, Wahrnehmungsstörung, Aggressivität sich selbst und anderen gegenüber, Sprachstörungen, Bewegungseinschränkungen, Epilepsie, Schlafstörungen…unsere Jungs haben nicht alles mitgenommen 😉 aber doch irgendwie genug! Den Alltag mit zwei Kindern zu meistern ist ein Abenteuer, nicht immer genügt die Kraft, zu wissen, dass die zwei Kinder nie wirklich erwachsen werden ist eine zusätzliche, vor allem emotionale Belastung. Sie werden immer auf fremde Hilfe angewiesen sein und es liegt in der Natur der Sache, dass sie sich nicht bis zum Lebensende auf die elterliche Hilfe werden verlassen können.
Es bringt jedoch nichts, Trübsal zu blasen. Denn die beiden Jungs fegen hier täglich mit meist bester Laune durch die Bude und lassen keinen Raum für belastende Gedankengänge! Es ist wirklich so, wie es in der Geschichte „Willkommen in Holland“ beschrieben wird. Die Geschichte kann man im Internet finden, oder einfach meinen Blog lesen 😉
Wer mehr zum Thema Fragiles-X-Syndrom erfahren möchte, ist herzlich eingeladen die Homepage unserer Interessengemeinschaft http://www.frax.de zu besuchen!
Genießt den Moment
Natalja