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Sonntagsausflug


Ich mag den Sonntag nicht! Es ist ein Tag ohne Strukturen und Verpflichtungen, man muss ihn verschlafen und vertrödeln. Sich durch den Kühlschrank und andere Vorräte durchfuttern, viel Fernsehen und lesen. Wenn ich mir aber was vornehme und meine Lieben motivieren kann, dann kann so ein Sonntag ein kleines Abenteuer werden.
Eine Kollegin erzählte mal, dass es unweit von Magdeburg eine Kleinstadt gibt, die ganz viele Schätze birgt.
Nach einigen Diskussionen, Rumgemeckere und Wutanfällen sitzen wir um neun Uhr morgens im Auto, auf dem Weg nach Quedlinburg!
Der jüngste der drei Männer hat Hunger und ist daher noch launischer als sonst! Ein leckeres Brötchen, Donut und Kakao heben die Laube für einige Minuten… Nach gut zwei Stunden kommen wir in der verschlafenen Kleinstadt Sachsen-Anhalts an. Die unzähligen Fachwerkhäuser, Kopfsteinpflaster, Blumenkästen vor den Fenstern…das alles lässt die Stadt märchenhaft, puppenhaus-ähnlich, schön, beinahe unwirklich aussehen! Wir entscheiden uns für die 45-minütige Fahrt mit der Bimmelbahn. Sie hält direkt zwischen zwei Cafés neben dem Renaissance-Rathaus und macht zur vollen Stunde ihre Runde durch die Innenstadt. Erwachsene zahlen 6,50 Euro, Kinder 2,50. Während der Fahrt bekommt man eine grobe Übersicht und ein wenig geschichtliches zu der Stadt erzählt. Ich finde, es lohnt sich! Die märchenhafte Atmosphäre herrscht in der gesamten Stadt. Überall sieht man wunderschöne, auch ab und an (noch) nicht restaurierte, beziehungsweise wieder verfallene Fachwerkhäuser aus unterschiedlichen Jahrhunderten. Die Stadt wurde 922 urkundlich zum ersten Mal erwähnt und hat seitdem viel gesehen. Seit 1994 ist sie sogar auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes. Es gibt sehr viele Gassen, Innenhöfe und Grünanlagen. In den zahlreichen Cafés, Restaurants und einer Brauerei mitten in der Innenstadt kann man wunderbar essen, trinken und entspannen! Klingt so richtig nach Touristenhochburg. Aber trotz des wunderbaren Wetters ist es weder trubbelig noch überfüllt! In der Vorweihnachtszeit soll es noch schöner sein, aber auch voller!
Ich liebe es, neue Städte kennen zu lernen, egal wie klein und vielleicht unbedeutend sie sind! Neue Eindrücke, Emotionen, Architektur, Umgebung, aus all dem schöpfe ich neue Kraft, aber es kostet mich auch Kraft, das durchzusetzen und umzusetzen. Denn vor allem dem Jüngsten unserer Familie fällt es sehr schwer, neue Eindrücke zu verarbeiten, Situationen auszuhalten und sich „angemessen“ zu verhalten. Klar, man könnte jetzt sagen „dann bleibt doch zu Hause“, aber zum einen wollen wir es nicht, und zum anderen wäre es total kontraproduktiv für seine Entwicklung. Und auch der seines großen Bruders!
Also packe ich regelmäßig eine Mammutsportion Geduld und Verständnis ein und wir gehen auf die Reise! Mein Mann verliert auch schon mal die Geduld, aber mein Geduldsfaden reißt doch eher.

Die schönsten Tage sind oft auch die schwierigsten


In Quedlinburg war es die Bimmelbahn, die sehr stark über das Kopfsteinpflaster ruckelte und unangenehm nach Abgasen roch, UND, die Fester standen offen! Es mussten also extreme Geräusche, Bewegungen und Gerüche verarbeitet, zugeordnet und als ungefährlich befunden werden. Wir haben eine der ersten Fahrten erwischt und saßen zum Glück ganz alleine im Wagon, da waren lautes Lachen, Quicken, ständiger Sitzplatztausch, Fenster auf, Fenster zu, kurzer Wutanfall nicht schlimm, d.h. wir mussten uns keine Gedanken um die Mitmenschen, die gestört werden könnten, machen, das ist schon viel Wert!!! Anschließend gings in die Brauerei Lübbe, denn nach der Ruckelfahrt haben alle Hunger bekommen. Tolle Location mit leckerem Bier und gut-bürgerlichem Essen! Wir haben sogar einen Tisch in einer gemütlichen Ecke ergattern können, ideal eigentlich, denn so hatte unser ohnehin aufgekratzter junger Mann Überblick über das Geschehen und einen hohen Zaun im Rücken. Was sich ganz bald als Nachteil rausstellte, denn mit Ankunft eines Hundes am Nachbartisch, den durch Cola angezogenen Wespen und den Geräuschen durch den Braukessel füllte er sich wortwörtlich in die Ecke gedrängt und suchte Halt auf Papas Schoss.
Als das Essen serviert wurde, beruhigten sich die Gemüter.
Gegen Ende wurde die Anspannung aber doch unerträglich, denn zu essen, aufzupassen, dass der Hund keine Anstalten macht, sich ihm zu nähern, Wespen zu verscheuchen und all das andere drum herum wurde dem tapferen Kerl zu viel. Nach dem Toilettengang, wo er irgendeinen Blödsinn veranstaltete und von Papa zurecht gewiesen worden ist, ist er kurz in Tränen ausgebrochen „Papa war gemein zu mir“ hieß es, denn den eigentlichen Grund konnte er nicht benennen! Als die Bedienung dann meinte, große Jungs würden doch nicht weinen, habe ich echt zu viel bekommen, DOCH, hin und wieder dürfen auch große Jungs weinen! Denn wenn die Not groß ist und die Alternative „sich in den Handrücken beißen“ , finde ich Weinen weit gesünder und kein bisschen peinlich!
Ab da ging es etwas harmonischer und lustiger Richtung Schlossberg. Von dort hat man eine traumhafte Aussicht auf die Stadt! Weder die Kirche von innen, noch den Domschatz haben wir uns angeschaut, das war dann doch nicht spannend genug für die Jungs. Den anschließenden Rundgang mit Spielplatzpausen haben wir sehr genossen!
Als Abschluss gab es noch ein Mitbringsel aus dem Spielzeugladen und riesige Eisbecher auf dem Marktplatz! Die Straßenmusiker spielten einen Walzer nach dem anderen, dann noch Tango, Chachacha…ein wunderbarer Tag neigte sich so dem Ende.

Genießt den Moment…
Natalja

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