Darüber spricht man nicht…

Vor gar nicht so langer Zeit habe ich folgendes gehört: „Es gibt zwei Themen, die man nicht ansprechen sollte, während einer Feierlichkeit, eines gemütlichen Zusammenseins mit Freunden und/oder Bekannten, und schon gar unter wenig bekannten Menschen. Und zwar handelt es sich um Politik und Religion! Denn das führt immer und überall zu Konflikten, Streitigkeiten, oder mindestens schlechter Laune!“

Mehr als einmal habe ich das persönlich erlebt. Meiner Meinung nach, haben alle nationalen und internationalen Konflikte ihren Ursprung in einem der beiden Themen. Und auch Staaten, die rein formell Religion und Politik trennen, können das doch nicht auseinander halten. Aber meine Überlegungen, Beobachtungen und Feststellungen haben das Niveau von Küchenphilosophie. Ich habe weder genug Intellekt, noch das Interesse, mich tiefer mit diesem Thema zu beschäftigen, daher soll es hier nicht darum gehen.

Mich treibt ein Thema um, das mich persönlich, und zwar tagtäglich betrifft, nämlich, wo befinde ich mich als Frau. Welche Stellung habe ich in der Familie, in der Gesellschaft, in der Welt. Was ist modern, was ist veraltet, was ist natürlich. Ein Thema, was mit 39 Jahren vielleicht etwas spät kommt, denn früher dachte ich, dass 30-40 jährige Frauen ganz genau wissen, was sie tun, was sie wollen, wovon sie träumen, und wonach sie streben.

Es ist ernüchternd, festzustellen, dass je mehr ich mich damit beschäftige, umso verwirrter und verunsicherte ich werde. Ich stelle Selbstverständliches in Frage, bin gezwungen, Gewohnheiten aufzugeben… Die Welt, in die ich hineingeboren wurde, scheint mir eine Lüge zu sein, die mich als Frau ausnutzt, überfordert, verfremdet.

Ich kenne nur diese eine Kultur und war nie gezwungen, mich mit einer fremden auseinander zu setzten, sie zu lernen und mich ihr anzupassen. Auch wenn ich in Russland geboren wurde, kann ich keine gravierenden Unterschiede zur deutschen Kultur feststellen. Im Großen und Ganzem funktioniert bei uns doch alles gleich. Das hat bestimmt in erster Linie mit der Religion zu tun. Aber auch mit dem Drang der UDSSR nach Gleichheit und Emanzipation zu tun (hier sollte Ausbeutung und Anpassung von Individuen, zur Bereicherung und Aufstieg des Staates, durch selbigen stehen).

Auch in Deutschland ist dies zu beobachten! Es gab in den letzten Jahren eine klare Entwicklung in der Gesetzgebung, es wurde sehr stark die Vereinbarkeit von Familie und Beruf propagandiert. Es wurde und wird weiterhin an unterschiedlichen Stellen so einiges getan, damit Familie unstabil und vom Staat abhängig wird, so kann sie sich am besten lenken lassen.

Oh je…jetzt gehts ja doch um Politik! Also höre ich hier auf!

Wenn ich meiner Natur untreu werde, wenn ich mich in der Gesellschaft täglich behaupten lerne, wenn ich alles selbst schaffen kann, unabhängig von Mann, Familie, Freunden bin, kann ich dann glücklich werden?

Ist jede Frau dazu geboren, Mutter zu sein? Ich denke, nein! Entspricht es der Natur jeder Frau den Haushalt zu führen? Ich bin sicher, nein! Kann jede Frau durch Bügeln der Hemden des Mannes glücklich werden? Nein! Aber die, die es sind und können, warum müssen sie sich dafür schämen, warum werden sie nicht ernst genommen, belächelt, als Hausmütterchen abgestempelt?

Als Kind und Heranwachsende wurde mir eingebleult, dass ich als gesunder Mensch (es klang geschlechtslos!) etwas leisten muss, und zwar in Form von Arbeit, für die man Geld bekommt! Später, mit der Auswanderung nach Deutschland, wurde das etwas wackelig, denn 1993 waren die Frauen in Deutschland noch nicht so emanzipiert! Ich habe tatsächlich Frauen kennengelernt, die NIE gearbeitet haben, die ausschließlich für Mann, Kinder und Haushalt da waren. Es war vielleicht der einzige Kulturschock, den ich je erlebt habe.

Doch Ende der Neunziger wurde es spürbar anders! Es wurde zur Selbstverständlichkeit, dass Frauen zumindest eine Ausbildung, besser noch eine Studium machten. Als ich 2004 mein erstes Kind bekam, da war ich die erste unter Kolleginnen, und es waren bestimmt an die vierhundert, die bereits nach acht Monaten Elternzeit wieder arbeiten ging, das wurde natürlich verurteilt! Denn wie konnte ich nur ein Baby in Fremdbetreuung geben. Ich liebe den Begriff, mittlerweile! Ja, ich gab mein acht Monate altes Baby in fremde Hände und flüchtete mich in eine parallele Wirklichkeit, überwies Geld an irgendwelche Banken, erstellte irgendwelche Statistiken…tatsächlich weiss ich nicht mal mehr genau, was ich da tat, aber es war natürlich viel sinnvoller, als ein Baby zu betreuen!

Ich habe schnell begriffen, dass wenn ich finanzielle Gründe anführte, mir die meisten mit Verständnis begegneten. Heute zieht eher „Selbstverwirklichung“, denn jeder Mensch (und das ist tatsächlich geschlechtslos gemeint!) muss sich selbst verwirklichen, und das geht nur außerhalb der Familie!

Doch auch eine zweite, eher stille, vor sich hinlebende Bewegung ist zu beobachten, es gibt sie wieder, die Hausfrauen! Hausfrauen, die glücklich sind! Sie werden (noch) belächelt, verurteilt, nicht ernst genommen, aber vor allem beneidet! Daher halten sie sich zurück mit ihrer Meinungsäußerung, ihre Weltanschauung und ihre Ideale teilen sie nur mit gleichgesinnten, und ihren Ehepartnern. Für Diskussionen fehlt ihnen oft die Zeit, denn sie wissen sie wertvoll zu nutzen, zb in Ruhe Backen, Kinder kriegen, sich die Nägel lackieren, Bücher lesen, Fenster putzen und und und. Und einfach glücklich sein!

Genieß den Moment

Natalja

 

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Olga

    Natalja, sehr nett geschrieben!
    Ich kenne noch ein „Tabu“ Thema …. 🤗

    1. Natalja

      Danke 😘 welches??? Ich denke, jeder hat ein eigenes, ganz persönliches Tabuthema…

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